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Am 15. September 2009 sollte der Afro-Amerikaner Romell Broom im Todestrakt von Lucasville, Ohio, hingerichtet werden. Nach 2 einhalb Stunden und 18 erfolglosen Versuchen, bei Romell Broom einen intravenösen Zugang zu legen, wurde seine Hinrichtung an dem Tag für gescheitert erklärt.
Seitdem versuchen Romell Brooms Anwälte mit einer Klage gegen den Bundesstaat Ohio, die drohende zweite Hinrichtung von Romell Broom zu verhindern.

Eine gescheiterte Hinrichtung hat es in Amerika seit 1946, als der 16-jährige Willie Francis im Bundesstaat seine Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl überlebte, nicht gegeben.
Im Fall von Willie Francis entschied der U.S. Supreme Court, dass Louisiana es noch einmal probieren darf. Willie Francis starb im Jahr 1947 auf dem elektrischen Stuhl.

Über 60 Jahre später, im Dezember 2009, bezeichnet der Oberste Pflichtverteidiger Ohios die juristische Auseinandersetzung um die Möglichkeit einer zweiten Hinrichtung von Romell Broom als obszön.

Er hofft, dass sich das Land und seine Menschen seit 1947 verändert haben, so dass die Gerichte zumindest eine zweite Hinrichtung als „Cruel and unusual punishment“ und damit verfassungswidrig einstufen werden.

Romell Broom wurde im Jahr 1985 für die Entführung, Vergewaltigung und Ermordung der 14-jährigen Tryna Middleton aus Cleveland, Ohio, zum Tode verurteilt.

Der Film rekonstruiert den Mordfall vom September 1984 und die Gerichtsverhandlung von Romell Broom im Jahr 1985. Er bringt all die Menschen zusammen, die in den Justizfall Romell Broom involviert waren.

Die ehemaligen Detectives des Police Departments von Cleveland erinnern sich an die Verhaftung von Romell Broom drei Monate nach der Ermordung von Tryna Middleton, nachdem er versucht hatte, ein anderes Mädchen, die 11-jährige Melinda G. zu entführen und dabei erwischt wurde.
Und dass sie Romell Broom den beiden Augenzeuginnen im Tryna Middleton Fall gegenüber stellten und jene ihn als den Mann identifizierten, der am 21. September vor ihren Augen ihre Freundin Tryna ins Auto gezerrt habe und mit ihr davon gefahren sei.

Auch dass sie Romell Broom verdächtigten, den Mord an einem weiteren Mädchen, an der 14-jährigen Gloria Pointer, verübt zu haben. Ihre Leiche wurde am Morgen des 6. Dezember 84, am selben Tag, an dem Romell Broom versuchte, Melinda G. zu entführen, gefunden.

Von Glorias Mutter, Yvonne Pointer, erfahren wir im Film, dass die Polizisten damals versuchten, sie von Romells Schuld zu überzeugen, sie jedoch herausfand, dass es keine Beweise gab, die Romell Broom als Täter überführt hätten.

Der ehemalige Assistierende Staatsanwalt und der ehemalige Verteidiger von Romell Broom äußern sich zum Prozess des Jahres 1985, dessen Resultat die Verurteilung Romell Brooms zum Tode war.

Der ehemalige Verteidiger erzählt aus heutiger Sicht, dass der Prozess im Jahr 85 von Seiten der Staatsanwaltschaft manipuliert, wichtige entlastende Beweise, Berichte des East Cleveland Police Departments, zurückgehalten worden seien und Romell Broom nie zum Tod hätte verurteilt werden dürfen.

Der ehemalige Staatsanwalt, nach den besagten Dokumenten und ihrem Inhalt befragt, leugnet anfangs deren Existenz.

Als er mit einzelnen Dokumenten konfrontiert wird, räumt er ein, dass es sich bei ihnen tatsächlich um Beweismaterial handelt, das die Verteidiger im Jahr 85 vor Gericht hätten verwenden können, zweifelt jedoch an, dass diese Beweise einen positiven Effekt auf den Verlauf des Prozesses gehabt und das Todesurteil verhindert hätten.

Ein Gerichtsurteil des Jahres 2002 im Zusammenhang mit Romell Brooms Brady-Klage entschuldigt den Staatsanwalt, dass er offensichtlich keine Kenntnis von den Dokumenten gehabt hätte, bestätigt die Verteidigung jedoch in dem Punkt, dass diese Dokumente für Romell Broom im Jahr 85 entlastend gewirkt hätten.

Die Kontroverse zwischen Staatsanwalt und Verteidigung im Film heute lässt sowohl die Darstellung des angeblichen Tathergangs durch die Staatsanwaltschaft im Prozess 85 als auch die Legitimität des Urteils mehr als fragwürdig erscheinen.

Am besonderen Fall von Romell Broom und in weiterführenden Gesprächen mit Rechtsexperten legt der Film die Schwachstellen des Todesstrafen-Systems offen, in dem die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung zum Tode umso höher, je ärmer der Angeklagte ist und je dunkler seine Hautfarbe, in dem andererseits für die Ankläger, die Staatsanwälte und Richter, die Karriere umso steiler verläuft, je größer die Anzahl der erreichten Todesurteile.

Die Frage nach der Legitimität einer zweiten Hinrichtung, sollte der Staat die erste nicht hinkriegen, scheint generell unmoralisch. Im Fall von Romell Broom, vor dem Hintergrund seines fehlerhaften Prozesses und fragwürdigen Todesurteils, scheint sie moralisch und juristisch absurd.

Die Familie von Romell Broom und seine blinde Verlobte gewähren einen Einblick in die zerstörerische Wirkung, die die Hinrichtung des vermeintlichen Täters auf die Menschen hat, die ihm nahe stehen.

Im Gegensatz dazu sieht das ehemalige Opfer, die im Alter von 11 Romell Broom als brutal und gewalttätig erlebt und dies nie überwunden hat, seiner geplanten zweiten Hinrichtung mit Freude entgegen. Sie hegt die Hoffnung, ihren Seelenfrieden endlich wiederzufinden zu können, wenn dieser Mann stirbt.

Was tun die Aussicht und Gewissheit des nahenden Todes mit dem Verurteilen selbst? Das sagt uns Romell Broom, der als erster Mensch in den USA seit über 60 Jahren von seiner eigenen Hinrichtung berichten kann. Was Romell Broom erzählt, lässt keinen Zweifel daran, dass die Erwartung und Gewissheit des eigenen Todeszeitpunkts schon lange Zeit vor der Hinrichtung und das Durchleben eines zweieinhalb Stunden währenden Tötungsversuches eine unfassbar grausame und sittenwidrige Bestrafung darstellt.

Würde das vom Staat als Hauptnutzen der Todesstrafe angeführte Wohl, die Genugtuung und „closure“ für die Familien der Opfer, die Anwendung der Todesstrafe in überhaupt irgendeinem Fall rechtfertigen, vorausgesetzt der Prozessverlauf und das Urteil wären fair gewesen?

Yvonne Pointer hat nach der Ermordung ihrer Tochter Gloria eine für sie gültige Antwort auf diese Frage gefunden. Die staatlich legitimierte Hinrichtung des verurteilten Täters: in ihren Augen nur die Befriedigung des archaischen Wunsches nach Rache und Vergeltung.
Den Angehörigen eines Gewaltopfers bringe die Ausübung von Rache nichts, weder den geliebten Menschen an ihre Seite zurück, noch die vom Staat in Aussicht gestellte Genugtuung und Erleichterung. Den Ausweg aus dem Schmerz nach der Ermordung ihrer Tochter hat Yvonne Pointer gefunden, indem sie Familien von Opfern hilft, mit ihrem Schmerz fertig zu werden und indem sie in die Gefängnisse geht, zu den Tätern.

Sie versucht verurteilten Vergewaltigern und Mördern klarzumachen, dass ein Leben, das sie gewaltsam nehmen, auch den Angehörigen des Opfers und letztlich ihnen selbst das Leben nimmt.
Dass der Hass, der in ihrem Verbrechen freigesetzt wird, mehr Hass und allgegenwärtigen Schmerz erzeugt.

In ihrer Arbeit mit Tätern und gefährdeten Teenagern in Problembezirken versucht Yvonne Pointer ihnen beizubringen und dabei zu helfen, den Kreislauf von Hass und Gewalt zu durchbrechen.
Denn auch Vergebung, Verständnis und Zuwendung, Tätern, Opfern und allen Menschen unterschiedslos entgegen gebracht, setzt sich fort und wird weitergetragen, doch als den Menschen helfende und fördernde Kraft, als Liebe.